Autorenratgeber gibt es viele. Lajos Egri aber ist einzigartig, er hat das wenig bekannte Standardwerk geschrieben – vor 64 Jahren. Eine Schreibschule des besonderen Art. Egris pfiffiger Autorenratgeber macht Spaß.
Wir machen jetzt einen Umweg – und besser zum Ziel zu gelangen. Wenn Sie schreiben wollen, ob Pressemitteilung oder Autobiografie, sollten Sie sich mit den Grundlagen des Schreibens beschäftigen. Lajos Egri hat den besten geschrieben. Und bitte lassen Sie sich nicht irre machen – Egri schreibt für Leute, die Theaterstücke verfasse wollen. Die regeln hier gelten auch für das sonstige Scheiben.
Also los. Aber zuerst: Wer zum Kuckuck ist Lajos Egri?, werden Sie fragen. Lajos Egri, um genau zu sein. Der gebürtige Ungar (1888–1967) hat das Kunststück fertig gebracht, den besten Autorenratgeber weit und breit zu schreiben und dennoch hierzulande ziemlich unbekannt zu sein.
Er ist, wenn man so will, das verkannteste Genie des Creative-Writing-Circus. Der findet vornehmlich in den USA statt, und dort war Lajos Egri (neben Stationen in Europa) auch als Theaterautor und Regisseur tätig. Wie man sein praktisches Wissen theoretisch vermittelt, lehrte er als Direktor der Egri School of Writing in New York.
Geballtes Wissen
Mit seinem Buch „Dramatisches Schreiben“ zeigt er die entscheidenden Kniffe für Autoren, die sich auf die Genre Theater, Film oder Roman einlassen wollen – und nicht nur für sie. Egris pfiffiger Autorenratgeber vermittelt auf 345 Seiten geballtes Wissen – und ist doch selten auf einer der einschlägigen Listen der Ratgeber-Literatur zu finden. Vielleicht liegt es daran, dass es schon 1946 erschienen ist – und fast alle Autoren, die danach Ratgeber verfassten, von Egri abgeschrieben haben. So hat sich James N. Frey, der Egris Buch als „Standardwerk“ lobt, munter der Prämisse bedient, die Egri erfunden hat.
Klar verständliche Schreibschule
Wer das bei Frey aber nie so ganz verstanden hat – bei Egri wird es einem mühelos klar. Denn der ungarischstämmige Theaterspezialist erklärt besser, vertieft konsequent und bringt so lange Beispiele, bis es jeder gefressen hat. Wichtig dabei sind auch die vielen praktischen Tipps. Eine Schreibschule der besonderen Art.
Bis zum Ende komponieren
Nehmen wir besagte Prämisse. Ohne die, so Egri, geht es nicht. Niemand kann auch nur die kleinste Kurzgeschichte ohne eine Prämisse schreiben – denn sie ist der Zweck des Textes, seine „Moral“. Manche sagen auch „Botschaft“. Also genau das, worum es in dem Text überhaupt geht und was der Autor und seine Figuren beweisen wollen.
Werden wir konkret: Ein Beispiel könnte sein, skrupelloser Ehrgeiz führt zur eigenen Vernichtung, wie in Shakespeares Macbeth. Danach richtet sich alles aus – die Personen und deren Konflikt. Bis am Ende die Prämisse bewiesen ist. Macbeth geht in seinem skrupellosen Ehrgeiz über Leichen – und stirbt am Ende selbst durch das Schwert.
Schlamper oder nicht
Egri analysiert wichtige Theaterstücke auf die Prämisse hin und zeigt, ob sie eine haben und ob sich alles danach ausrichtet – oder eben nicht. Damit arbeitet er sehr praxisnah; und der ambitionierte Autor lernt nebenbei, dass selbst bekannte Stückeschreiber mit so mancher Prämisse geschlampt haben.
Hopps der Mops. Schnurren.Das merkt man, die Stücke sind seltsam diffus. Denn der Prämisse, das verlangt Egri, muss sich alles unterordnen. Jede Szene, jeder Satz, jede Handlung muss zeigen, dass die Prämisse stimmt. Eine echte Diktatorin ist sie. Natürlich muss dazu auch der Autor an sie glauben. Und die Personen müssen so viel Kraft und Charakter haben, die Prämisse in dem Text zu leben und durch das Stück/den Roman zu tragen. Wer das beherzigt, schreibt spannend und kraftvoll, zeigt Egri. Und was folgt daraus? Egris pfiffiger Autorenratgeber empfiehlt sich wärmstens zur Lektüre.
Die Moral von der Geschichte
Mancher wird jetzt einwenden: Zweck? Moral? Was soll das? Ich schreibe, also bin ich, und meine Texte stehen für sich selbst. Sollen sie – meistens stehen sie dann aber sehr alleine da.
Gute Prämisse
Aus einer gut durchkomponierten Prämisse ergibt sich, laut Egri, alles andere wie von selbst. Allerdings muss der Autor stimmige und detailgetreue Personen entwerfen – und auch hier zeigt Egri sehr konkret, wie das geht. Und aus den Charakteren entwickeln sich die Konflikte, indem man Schlüsselfigur und Gegenspieler ein Ziel gibt, das sie unbedingt (und gegeneinander) wollen. In dem Buch lernt man, wie der Konflikt orchestriert wird und wie man Spannung bis zum Schluss aufbaut und wann der geeignete Angriffspunkt ist, der Text also entscheidend an Fahrt gewinnt.
Egris pfiffiger Autorenratgeber hilft
Mit Egri wird alles stimmig – wie schön, dass der Autorenhaus Verlag dieses Standardwerk seit 2003 in seinem Programm hat. Es ersetzt eine Menge anderer Schmöker zum Thema. Für alle, die eine perfekte Schreibschule suchen ist Egris pfiffiger Autorenratgeber genau die richtige Lektüre.
Lajos Egri: Dramatisches Schreiben, Theater – Film – Roman. Das „Standardwerk“. Deutsch von Kerstin Winter. Autorenhaus Verlag 2003, 345 Seiten, ISBN 3-932909-58-5, Euro 19,90.
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